Ein Gastbeitrag von Melanie Geppert
Viele Menschen wurden in den vergangenen Wochen ins Homeoffice verbannt – oder haben es zumindest so empfunden. Alleine vor sich hinzuarbeiten ist nicht jederfraus oder jedermanns Sache. Auch ist im Heimbüro nicht sichergestellt, dass man wirklich ungestört arbeiten kann: die Kinder sind zu Hause, der Hund möchte raus und sogar die Wäsche zu machen, kann zur willkommenen Ablenkung werden. Im Gegensatz dazu klingelt nicht – wie im Büro – ständig das Telefon, kein Kollege kommt herein, um schnell etwas zu besprechen und die kurze Kaffeepause in der Gemeinschaftsküche dehnt sich nicht zur halben Stunde aus, da der Urlaubsbericht der Kollegin interessant ist.
Anfordungen deutscher Angestellter an ihren Arbeitsplatz
Die Frage ist also: Wie wollen wir arbeiten? Unter welchen Bedingungen können wir unser Potenzial effizient und effektiv nutzen? In welchem Umfeld fühlen wir uns wohl? Auf der New-Work-Welle haben sich neue Arbeitsplatzformen wie Desksharing, Coworking und Mobile Office entwickelt. Seit einigen Jahren beschäftigen sich Personaler, Architekten und Designer damit herauszufinden, wie die optimale Arbeitsumgebung der Zukunft aussehen muss. Das Gensler Research Institute hat in 2019 die Studie „Die deutsche Büroarbeitswelt“ erstellt und drei Kernaussagen herausgefiltert:
- Die Arbeitsumgebungen in Deutschland erfordern einen erheblichen Änderungsbedarf. Die gegenwärtig üblichen Gemeinschafts- und Gruppenbüros stehen sowohl modernen Arbeitskräften als auch der Zusammenarbeit und Innovation im Weg.
- Angestellte in Deutschland wünschen sich mehr offene, arbeitsgemeinschaftliche Bereiche, solange Rückzugsräume bei Bedarf vorhanden sind. Die Schaffung eines ausgewogenen Arbeitsplatz-Ökosystems, durch welches Vernetzung und Zusammenarbeit gefördert werden, ist dringend notwendig.
- Angestellte in Deutschland benötigen eine Arbeitsumgebung mit Fokus auf mehr Gesundheit und Wohlbefinden. Die Beschäftigten haben hohe Erwartungen an diese Aspekte, die bestehenden Arbeitsumgebungen können diese aber nicht erfüllen. Wer dies möglich macht, steigert das Gefühl seiner Mitarbeitenden etwas Sinnvolles zu tun und treibt Innovation und Leistung voran.
Im internationalen Vergleich hinkt Deutschland diesbezüglich stark hinterher: Nur jeder vierte deutsche Arbeitnehmer arbeitet in einem ausgewogenen Arbeitsumfeld, in dem Fokussieren als auch Zusammenarbeit wirkungsvoll priorisiert werden.
Neue Arbeitsplatzmodelle denken
Vielleicht werden nach der Coronakrise künftig mehr Menschen im Homeoffice arbeiten. Dass die Arbeit von zu Hause Vorteile mit sich bringt und funktioniert, wird niemand mehr bestreiten – weder Beschäftigte noch Arbeitgeber. Dennoch kann die ständige Arbeit im Homeoffice oder im Einzelbüro kein Erfolgsmodell für Unternehmen sein. Das zeigt eine Studie des Massachusetts Institute of Technologie (MIT): 80 Prozent der wirklich innovativen Ideen entstehen in der direkten, persönlichen Kommunikation. Warum also nicht über Mischformen nachdenken? Die Londoner Innenarchitektin Sevil Peach, die sich seit über 25 Jahren mit der Frage beschäftigt , wie man Arbeitsplätze so gestaltet, dass die Menschen, die dort arbeiten, sich möglichst wohl fühlen und dabei produktiv sind, erklärt in einem Interview mit dem Vitra Magazin „Man könnte sich also vorstellen, dass jemand zwei Tage in der Woche zu Hause arbeitet und drei Tage ins Büro kommt – oder umgekehrt. In einem Interview vor der Coronakrise hatte ich bereits konstatiert, dass unser Bedürfnis nach einem Bürostandort tatsächlich wächst, wenn wir unseren Arbeitsort frei wählen können. Dafür gibt es mehrere Gründe: Das Büro verliert durch die dezentralisierte Arbeit zwar seine Monopolstellung als produktives Zentrum, doch bestimmte Infrastrukturen und Organisationsebenen können zu Hause einfach nicht abgebildet werden. Da liegt es nahe, sie an einem Bürostandort zu bündeln. Das ist eine pragmatische Entscheidung. Der Bürostandort verkörpert aber auch die Unternehmenskultur und spielt als Ort der Begegnung und Zusammenarbeit eine wichtige Rolle.“
Ausblick
Die Arbeitswelt in Deutschland steht vor einem gewaltigen Wandel, der durch die Coronakrise beschleunigt werden könnte. Unternehmen sollten die in dieser Zeit gemachten Erfahrungen evaluieren und die Wünsche ihrer Mitarbeitenden ernst nehmen. Freelancer wie ich haben zum Glück die Wahl, wie sie arbeiten möchten. Mein favorisiertes Arbeitskonzept ist die Mischung aus Homeoffice und Coworking – ich werde mich mal auf die Suche begeben.
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Melanie Geppert
Als Texterin führe ich seit fünf Jahren meine eigene Agentur und freue mich immer wieder über die Schönheit und Tücken der deutschen Sprache. Es fällt mir leicht, für andere die richtigen Worte zu finden und mich in ihre Themen und Zielgruppen einzudenken. Dafür greife ich auf fast 20 Jahre Erfahrung im Marketing zurück. Was mich persönlich antreibt: Leben im Hier und Jetzt. Den Blick nach vorne richten. Neugierig bleiben. Im Schweren das Leichte entdecken.